From: "Mit Windows Internet Explorer 8 gespeichert" Subject: Prof. Johannes Heinrichs | Gibt es da nicht eine innere Synthese von direkter und parlamentarischer Demokratie? Date: Fri, 31 Dec 2010 15:35:34 +0100 MIME-Version: 1.0 Content-Type: multipart/related; type="text/html"; boundary="----=_NextPart_000_0000_01CBA900.5D9BB210" X-MimeOLE: Produced By Microsoft MimeOLE V6.0.6002.18263 This is a multi-part message in MIME format. ------=_NextPart_000_0000_01CBA900.5D9BB210 Content-Type: text/html; charset="iso-8859-1" Content-Transfer-Encoding: quoted-printable Content-Location: http://www.politik-poker.de/innere-synthese.php
Es geht zuerst einmal um eine Bewegung der K=F6pfe und = Herzen, eine=20 Bewusstseinsbewegung, bevor wir konkrete Umsetzungsstrategien entwickeln = k=F6nnen.
20.12.2010 | Demokratie
Von Prof. = Johannes=20 Heinrichs
Was wir mit Stuttgart 21, Anti-Atom-Demos usw. erleben, = =84ist nicht=20 das Ende des politischen Systems, sondern der Anfang einer aktiveren=20 B=FCrgergesellschaft.=93 So stand es k=FCrzlich =FCber einem Artikel von = Claudia Nierth=20 vom Verein =84Mehr Demokratie=93, Teil der wachsenden Bewegung f=FCr = mehr direkte=20 Demokratie in Deutschland.
Das Meiste, was sie f=FCr das =84Fahrzeug Volksbegehren=93 vorbringt, = k=F6nnte ich=20 eigentlich bejahen, wenn diese ganze direktdemokratische Str=F6mung = nicht nochmals=20 eine halbe Sache w=E4re. Volksbegehren und Volksentscheide k=F6nnen = unsere=20 bestehende Halbdemokratie nur abmildern, manchmal allerdings auch = verschlimmern.=20 Wie immer man =FCber die letzten Schweizer Volksabstimmungen inhaltlich = denkt =96=20 die Schweiz gibt auf keinen Fall schon das Mustermodell einer modernen=20 Demokratie ab. (Die Schweizer Teilnehmer meines Berliner Seminars zum = sozialen=20 Kunstwerk m=F6gen mir verzeihen.)
Seit vielen Jahren treten wir vom =84Netzwerk Vergliederung der = Demokratie=93 f=FCr=20 eine innere Synthese von direkter und parlamentarischer=20 Demokratie ein. F=FCr die direktdemokratische Bewegung und = ebenso f=FCr den=20 so genannten =84regionalen Aufbruch=93 w=E4re es = =E4u=DFerst wichtig, dieses=20 Modell viel ernster zu nehmen, als es bisher geschehen ist. Es gibt = keine=20 effektive direkte Demokratie, wenn die parlamentarische Demokratie nicht = selbst=20 innerlich und nachhaltig ver=E4ndert wird. Auch gibt es keinen = dauerhaften=20 =84nachhaltigen=93 regionalen Aufbruch von unten, ohne dass die = Strukturen des=20 gesamten Gemeinwesens stimmen. Denn es gibt kein richtiges Leben im = falschen=20 Ganzen, wie Adorno einst zutreffend sagte. Und allerdings ist unser = jetziger=20 Parlamentarismus im Ganzen falsch, n=E4mlich von=20 Unsachlichkeitsparteien okkupiert, die ganz = verschiedene Themen=20 willk=FCrlich zusammenb=FCndeln und sich als die modernen Feudalherren = auff=FChren.=20 Nochmals, die Art, wie die tausend wunderbaren Reformans=E4tze in der = Weimarer=20 Republik vom =84Ganzen=93 her hinweggefegt wurden, sollte uns im = Zeitalter der=20 Globalisierung erst recht zu denken geben. Was l=E4sst sich also zu = einer=20 realistischen Weiterentwicklung der Demokratie im Ganzen sagen?
Eine zeitgem=E4=DFe Systemtheorie des Sozialen, die sich zugleich auf = eine=20 Analyse des zwischenmenschlichen Handelns als einem interpersonalen = Spiegelungs-=20 oder Reflexionsprozess st=FCtzt, erweist: Jede Gesellschaft besteht = latent aus=20 vier Subsystemen: Wirtschaft, Politik i.e.S, Kultur und = Grundwertesystem.
Der Viergliederungsgedanke, =
symbolisiert=20
als Haus
=A9 Johannes Heinrichs
Die =84Modernisierung=93 der Gesellschaft besteht seit Beginn der = Neuzeit in der=20 fortschreitenden, jedoch stehen gebliebenen Differenzierung der = Wertsph=E4ren oder=20 Subsysteme:
Wir sind mit der lebensnotwendigen Differenzierung dieser Ebenen oder = Subsysteme auf halber Strecke stehen geblieben. Es ist ein offenes = Geheimnis,=20 dass daher die gesamte Gesellschaft vom Geld her, nicht aber vom = Willen=20 der Bev=F6lkerung sowie von den Grundwerten der Bev=F6lkerung her, = regiert=20 wird. Bestimmt der angebliche Souver=E4n, das Volk, oder das = Geld, also=20 die Klasse derer, die sich der Vorteile eines sich selbst vermehrenden = Geldes=20 politisch zu bedienen wei=DF?
Das Viergliederungsmodell besagt nun: Wir m=FCssen den vier System- = und=20 Wertebenen institutionell sauber Rechnung tragen, indem = wir das=20 Herz der Demokratie, das Parlament, dementsprechend in vier Kammern oder = Teilparlamente gliedern, gem=E4=DF obiger hierarchischer = Reihenfolge:
Diese Viergliederung des Parlamentarismus ist zugleich auf=20 Weltebene unabdingbar. Selbst ein gew=E4hltes, aber nicht nach = den=20 Wertebenen strukturiertes UNO-Parlament w=FCrde nur das unsachliche = Durcheinander=20 der bisherigen nationalen Parlamente widerspiegeln.
Auf jeder =84regionalen=93 Ebene (Kommunen, Bundesl=E4nder, Nation, = Europa, Welt)=20 sollte jedes Teilparlament in getrennten Wahlen durch=20 kompetente Vertrauensleute der Bev=F6lkerung besetzt werden, am = naheliegendsten=20 durch j=E4hrliche Wahl eines der Teilparlamente. Dies bedeutet dann=20 Sachabstimmung =FCber jeweils einen dieser gro=DFen = Bereiche:=20 Wirtschaftsdemokratie, Politik im engeren Sinn, Kulturdemokratie und=20 Grundwertedemokratie. Von all dem k=F6nnen wir zur Zeit nur ineffektiv = tr=E4umen.=20 Dies w=E4re eine viel regelm=E4=DFigere direkte Demokratie (=3D = Abstimmung =FCber=20 Sachfragen!), als durch gelegentliche, zudem vielf=E4ltig manipulierbare = Volksabstimmungen irgend erreichbar w=E4re. Zugleich w=E4re dergleichen = eine=20 parlamentarische Demokratie der Vertrauensdelegation = und der=20 Beratung, wie sie niemals erreicht wird in den = derzeitigen=20 Einheitswahlen von Einheitsparteien, die alle Themen zusammenb=FCndeln. = Die=20 Machtkartelle namens Parteien werden daher f=FCr Alles zugleich und = daher f=FCr=20 nichts Genaues gew=E4hlt. Demokratie besteht bei weitem nicht allein in = der=20 formalen Geltung des Mehrheitsprinzips, sondern bedeutet kommunikative=20 Gesellschaft, in der Vertrauen und Beratung mindestens so wichtig sind = wie=20 Stimmenz=E4hlen. Schiller mit Blick auf dieses Quantitative: =84Die = Mehrheit ist der=20 Unsinn.=93 Die bisherigen, aus struktureller Notwendigkeit = unsachlichen=20 Allzust=E4ndigkeitsparteien werden =96 mit Nachhilfe eines = Parteiengesetzes, das=20 Blockbildung zwischen den Ebenen ausschlie=DFt =96 dann zu=20 Sachparteien. Diese stehen f=FCr die alternativen=20 Wertentscheidungen in jedem der Bereiche. Es geht ja nicht um eine = autorit=E4re=20 Regierung durch Weise, nicht um eine Philosophenrepublik (Platons = Vorstellung),=20 nicht um die Lieblingsvorstellungen einiger angeblich Weiser, sondern um = die=20 weise Einrichtung von Strukturen, in denen die = Wertentscheidungen der=20 Bev=F6lkerung selbst effektiv zum Zuge kommen. Am ehesten das=20 Grundwerteparlament k=F6nnte als Versammlung von Weisen angesprochen = werden,=20 jedoch als eine echte pluralistische, weil direkt gew=E4hlte = Versammlung, in denen=20 nicht bestimmte traditionelle Ethiklieferanten ein faktisches Monopol=20 innerh=E4tten.
Eine einseitige Direktdemokratie, die heute ohnehin = (auch in=20 L=E4ndern mit Direktdemokratie) blo=DF flankierende Bedeutung hat, = bleibt=20 demgegen=FCber den T=FCcken des Mehrheitsprinzips wie der = Wortf=FChrerschaft Einiger=20 viel st=E4rker unterworfen als die hier umrissene innere Synthese beider = historischen Demokratieformen. Es geht um einen neuen Parlamentarismus, = der=20 selbst direktdemokratisch-sachbezogen ist und worin die Wertstufung der=20 Sachbereiche ber=FCcksichtigt ist.
Neben der Hierarchie der Wertebenen muss es allerdings auch eine=20 R=FCckkoppelung der untergeordneten Parlamente an die =FCbergeordneten = geben, z.B.=20 m=FCssen die =F6kologischen Entscheidungen des Grundwerteparlamentes = auch auf ihre=20 =F6konomische Finanzierbarkeit gepr=FCft werden. Diese R=FCckkoppelung = kann nicht=20 allein in erster, zweiter, dritter parlamentarischer Lesung eines = Gesetzes=20 erfolgen, sondern auch in gemeinsamen Kommissionen erarbeitet = werden.
=A9 Johannes Heinrichs
Wesentlich ist bei diesem Zusammenspiel der parlamentarischen Kammern = nicht=20 eine eindeutige materiale Zuordnung der Sachbereiche zu den = Teilparlamenten,=20 sondern die unterschiedliche Wert-Perspektive, aus der = die=20 unterschiedenen Parlamente dieselben Sachfragen=20 beurteilen. Nach Ber=FCcksichtigung der R=FCckmeldungen aus = den jeweils=20 untergeordneten Kammern bleibt es jedoch =96 im Konfliktfall - beim=20 gesetzgeberischen Vorrang der jeweils =FCbergeordneten Kammern.
Schema der = Rahmengesetzgebung
Wir sollten uns unter dem gegenw=E4rtigen Problemdruck in Wirtschaft = und=20 Politik mit dem Gedanken vertraut machen, dass die demokratische = Organisation all unserer Gemeinwesen weltweit erst am Anfang = steht und=20 dass die gro=DFen Errungenschaften unserer Vorfahren durch unsere = eigenen, nicht=20 geringeren Errungenschaften erg=E4nzt werden m=FCssen, um nicht wieder = verloren zu=20 gehen! Die riesengro=DFen Fortschritte der Technik wurden nicht = begleitet von=20 vergleichbaren Fortschritten in den Gesellschaftswissenschaften, viel = weniger=20 der praktischer Umsetzung ihrer brauchbaren Erkenntnisse. Erst solche = gro=DFen=20 Perspektiven bef=E4higen uns, die g=E4ngigen Politphrasen, das endlose=20 Reformgeschw=E4tz sowie das Kurieren an blo=DFen = Symptomen effektiv=20 hinter uns zu lassen.
Und wer mehr direkte Demokratie will, darf es sich nicht erlauben, im = scheinbar Guten zu verh=E4rten und die realistischen Vorschl=E4ge einer=20 inneren (nicht nur additiven und oberfl=E4chlichen) = Synthese von=20 direkter Demokratie und Parlamentarismus Jahrzehnte lang unbeachtet zu = lassen.=20 Allerdings, die Zeit ist reifer geworden f=FCr eine sprunghafte = praktische=20 Weiterentwicklung der Demokratie, mag man diese jetzt =84Evolution=93 = oder=20 =84friedliche Revolution=93 nennen. Mit dem Slogan =84Evolution statt = Revolution=93 (so=20 C. Nierth) kann freilich jede Halbheit innerlich gerechtfertigt werden. = In der=20 Evolution gibt es bekanntlich notwendige Spr=FCnge. Die = =84Feudalherren=93 werden=20 zweifellos den halbherzigen Elementen direkter Demokratie den Vorzug = geben=85
Das Viergliederungsdenken strebt eine friedliche Revolution der = Politik und=20 der bisherigen Viertelsdemokratie vom Geiste her an, eine realistische=20 Politikwerdung des Geistes, ohne die leidige Trennung von Macht und = Geist, aber=20 auch ohne die schw=E4rmerische Vermischung von Spiritualit=E4t und = Politik, wie=20 einseitig spirituelle Parteien (=84Die Violetten=93 etwa) sie anstreben. = Die=20 integrale Politik kann =96 ohne solchen sektiererischen = oder den=20 traditionellen Integralismus, n=E4mlich die undemokatischen Privilegien = der=20 Kirchen - nur durch die Differenzierung der Systemebenen gelingen. = =84Integration=20 durch Differenzierung=93 lautet eines unserer Prinzipien. Wir suchen = praxisnah=20 denkende Mitstreiter, die zu erfassen verm=F6gen, dass die Konsequenzen = eines=20 Ansatzes nicht nur in der Mathematik vielf=E4ltig und probleml=F6send = sein k=F6nnen.=20 Es geht zuerst einmal um eine Bewegung der K=F6pfe und Herzen, eine=20 Bewusstseinsbewegung, bevor wir konkrete Umsetzungsstrategien entwickeln = k=F6nnen.=20 Vielleicht kann dann in der Tat eine Volksabstimmung das Fahrzeug = bieten, wenn=20 die Parlamentarier zu solcher Selbstreform nicht f=E4hig sein = sollten.
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